Ich freue mich dass ich nun bis zum Ende dieser Wahlperiode Vorsitzende der Kinderkommission bin.
Als jugendpolitische Sprecherin meiner Fraktion habe ich mich ganz bewusst entschieden in dieser Vorsitzzeit Jugendliche mehr in den Blick zu nehmen. Denn sie fallen oft etwas „hinten runter“, werden zwar mitgedacht aber nicht immer in Bezug auf ihre Lebensrealitäten in eigenen Sitzungen angesprochen.
Deshalb beschäftige ich mich in zwei meiner Schwerpunktthemen speziell mit Jugendlichen, nämlich im Block „Extremismus“ und „Queere Jugendliche".
Aber der Reihe nach.
Mein erstes Thema "Das Ende der Kindheit?" – beschäftigt sich mit Kinderrechten für junge Flüchtlinge.
Warum?
Junge Flüchtlinge kommen mit sehr unterschiedlichen Geschichten und Biografien in Deutschland an. Viele eint aber, dass sie eine gefährliche Flucht aus einer lebensbedrohlichen Situation hinter sich haben. Sie haben fast alles Vertraute verloren und häufig Dinge erlebt, die sie den Rest ihres Lebens verfolgen werden. Kinder und Jugendliche machen sich allein auf den Weg, oder verlieren unterwegs ihre Familie. Sie werden über Nacht ins Erwachsenendasein katapultiert und müssen sich ohne Hilfe den Weg in ein besseres Leben erkämpfen.
Doch Flüchtlingskinder werden oft nicht wie Kinder, sondern wie Erwachsene behandelt: Alle Regelungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts gelten auch für sie, alle Verschärfungen der vergangenen Monate treffen sie ungleich härter. Flüchtlingskinder sind besonders schutzbedürftig. Die Lebensbedingungen junger Geflüchteter erfüllen in vielen Bereichen nicht die Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention und Regelungen des Kinder- und Jugendhilferechts. Das muss anders werden.
Deshalb erscheint mir dieses Thema sehr wichtig. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Rechte Schutzbedürftiger, um Zukunftschancen und Integration. Wir stellen heute die Weichen für unsere Gesellschaft von morgen, wir sollten diese Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen.
Als zweiten Schwerpunkt habe ich Jugend und Extremismus in Deutschland gewählt. "Jung und Extrem" – so der Titel.
Hier möchte ich sowohl rechten Extremismus als auch Salafismus genauer unter die Lupe nehmen.
Was fasziniert Jugendliche daran? Wieso sind sie anfällig? Warum wird in manchen Kreisen über Salafismus als der neue Punk berichtet?
Gibt es zwischen den Extremismusformen Parallelen? Also quasi möglicherweise eine „Faszination“ die beiden Ideologien auf manche Jugendliche ausüben? Stichwort: Sinnsuche. Stichwort: Heldentum. Stichwort: Zugehörigkeit. Wir werden uns dazu in einer Sitzung über die beiden Extremismusphänomene informieren und vergleichen. Denn nur mit Wissen und Empathie kann man wirklich jugendgerechte Präventionsmaßnahmen und –Systeme entwickeln.
Im dritten und letzten Themenblock "Queer, na und!? - LSBT*I–Jugendliche in Deutschland" werden wir uns mit der Situation von queeren Jugendlichen beschäftigen. Ein Thema, das mir ganz besonders am Herzen liegt.
Das Deutsche Jugendinstitut hat in seiner - im November 2015 vorgestellten Studie „Coming-out und dann…?!“ zur Lebenssituation queerer Jugendlicher festgestellt, dass die Situation von queeren Jugendlichen nach wie vor oft schwierig ist. Sie haben Angst sich zu outen, Angst vor Ablehnung und Ausgrenzung. Angst nicht dazu zu gehören.
Gerade in letzter Zeit kursieren Schimpfwörter wie "schwule Sau", "Scheiß-Transe" oder "lesbische Kuh" wieder vermehrt - und nicht nur auf Schulhöfen. Diskriminierungserfahrungen gehören zum Alltag vieler LGBT*I-Jugendlichen. In allen Lebensbereichen sind sie immer noch Ausgrenzung, verbalen und auch körperlichen Angriffen ausgesetzt. Selbst im Elternhaus wird ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität häufig tabuisiert oder abgelehnt. Das bleibt nicht ohne Folgen: Das Suizidrisiko queerer Jugendlicher ist signifikant erhöht. Unsicherheit und Angst sind für viele Jugendliche eine Begleiterscheinung ihres Coming-outs.
Hier möchte ich noch mehr öffentliches Bewusstsein schaffen und auf die speziellen Bedürfnisse von queeren Jugendlichen aufmerksam machen. Sei es in der Schule, in der Freizeit, beispielsweise in Sportvereinen und auch im öffentlichen Raum. Gerade lesbische Mädchen sind oft "unsichtbar", da weibliche Sexualität bzw. ein Leben ohne Mann auch im 21. Jahrhundert noch nicht gleichermaßen anerkannt und respektiert wird.