Kiew ist Partnerstadt von Beate Walter-Rosenheimers Heimatstadt München, deshalb hat sie in diesem Jahr die Münchner Delegation um Stadträtin Lydia Ditrich und Stadtrat Dominik Krause zum Pride nach Kiew begleitet. Mit dabei war auch einer der Organisatoren des Kiew-Munich-Pride, Conrad Breyer, die Grünen Kerstin Dehne und Werner Gassner, die ehrenamtlich teilgenommen haben, wofür ihnen wirklich Respekt gebührt.
Es war ein gefährliches Unternehmen, bis kurz vor dem March war unklar, ob er stattfinden kann. Es gab massive Drohungen von rechts. Wir sind sehr froh, dass ein Machtwort Poroschenkos in letzter minute den Marsch sicherte.
Es gab massive Übergriffe durch Rechte, die nach dem March die Teilnehmer noch durch die Stadt jagten. Hier ein Video zu den Vorkommnissen rund um den Marsch.
Und hier der Bericht von Beate Walter-Rosenheimer:
Zurück mit gemischten Gefühlen.
Einerseits: gut, dass der Pride March stattfinden konnte. Bis zur letzten Minute war das nicht richtig klar. Die Umstände waren schwierig. Der Kiewer Bürgermeister Klitschko wollte von den AktivistInnen eine Absage erzwingen, weil es massive Gewaltandrohungen der Rechten gab. Erst als Staatschef Poroschenko sich zum Pride äußerte, mit den Worten, das sei Bürgerecht und schützenswert, kam noch einmal Bewegung in die Sache.
Andererseits: Es gab massive Angriffe und Drohungen der Rechten mit fünf verletzten Polizisten und mehreren verletzten AktivistInnen.
Der Tag begann seltsam. Noch nachts wurde der geheime Treffpunkt via SMS mitgeteilt umd strenge Sicherheitshinweise verteilt. Da gab es schon bei einigen von uns etwas mulmige Gefühle. Am Morgen dann wurden wir unter hohen Sicherheitsvorkehrungen von einem geheimen Treffpunkt aus zu einer Stelle am Fluss Djepr geleitet. Dort riegelten Polizei-Hundertschaften das Gelände ab.
Dennoch gelang es Hunderten von Ultrarechten, die Absperrung zu durchbrechen und uns anzugreifen. Das war ein erschreckender Moment, denn es war in diesem Moment vollkommen unklar, wie die Rechten das geschafft hatten und ob die Polizei eingreifen würde. Die Polizei reagierte aber beherzt und schnell und brachte die Situation unter Kontrolle. Leider wurde ein Polizist von den Nazi-Geschossen getroffen und schwer verletzt.
Der March wurde dann einige Minuten lang fortgesetzt. Danach entließ uns die Polizei leider ohne Schutz in das Plattenbau-Wohngebiet, verfolgt von den Hooligans.
Es war übel, unsere Gruppe hat sich über eine Stunde in einer Bank versteckt und auf Taxis gewartet, die beiden Frauen, die dort arbeiten, wollten uns nicht und schimpften erstmal vor sich hin. Draußen konnte man immer wieder Verfolgungsszenen sehen. Gespenstische Szenen spielten sich ab.
Die Organisator_innen hatten ein gutes Netzwerk geschaffen, so dass wir uns gegenseitig immer wieder versichern konnten, wer wo in Sicherheit war. Besonders belastend war die Situation für FreundInnen, die schon Opfer rechter Gewalt waren, schwer verletzt wurden und die dadurch natürlich "retraumatisiert" wurden. Es gab sehr gefährliche Situationen.
Die Polizei hat vollen Einsatz geleistet während und nach der der Parade, wo sie auch noch zu Hilfe eilten. Und wir sind alle bestürzt über den schwer verletzten Polizisten, der durch die Rechten so übel angegriffen wurde und auf dem Pflaster dort eine Menge Blut verlor. Wir hoffen, er wird wieder gesund.
Allerdings verstehe ich bis jetzt nicht, wie die Rechtsnationalisten in den abgesicherten Bereich kamen? Plötzlich stürmten sie uns entgegen, abgedrängt dann von der Polizei. Und nach dem March hat die Polizei uns einfach "entlassen" aus dem abgesperrten Bereich und die Jagd begann. Die Hooligans standen ja noch überall in dem Gebiet herum, das von riesigen Wohnblöcken geprägt und nicht gut überschaubar ist. Dadurch kam es zu viel Unsicherheit und irgendwann rannten alle nur noch.
Das Innenministerium hat in einem Statement die Hooligans verurteilt, das ist immerhin ein wichtiger Schritt und wir hoffen, es ist ein Wendepunkt hier. Poroschenko hatte ja den Pride als "ok" bezeichnet. So lang er sich aber nicht zur Teilnahme bereit erklärt, bringt das nicht so viel.