Es ist paradox: Rein rechnerisch haben sich die Chancen auf einen Ausbildungsplatz in den letzten Jahren deutlich verbessert. Betriebe konkurrieren zunehmend um Azubis. Trotzdem gehen vor allem Bewerberinnen und Bewerber mit niedrigeren Schulabschlüssen und ausländische Jugendliche bei ihrer Suche oft leer aus. Das zeigt: Der Fehler liegt im System und nicht bei den Jugendlichen.
Nach wie vor landen Hunderttausende in Übergangsmaßnahmen statt an Werkbank oder Schreibtisch. Sie fehlen den Betrieben in der dualen Ausbildung. Die Förderung am Übergang von der Schule in den Beruf muss deshalb vom Kopf auf die Füße gestellt werden: Flächendeckend brauchen alle Schulen gute Berufsorientierung und mehr individuelle Förderung, am besten in einer guten Ganztagsschule.
Bund und Länder müssen nun vor allem für sozial benachteiligte und auch für Flüchtlinge die gezielte Begleitung in die Ausbildung stärken. Alle Jugendlichen brauchen Verantwortliche, etwa in einer Jugendberufsagentur, die ihnen die Hand reichen und ihnen den direkten Weg zu einem Berufsabschluss zeigen. Dies geht nur mit einer Ausbildungsgarantie, die alle mitnimmt. Diese Ausbildungsgarantie muss auch für junge Flüchtlinge gelten. Auch die großen regionalen Unterschiede auf dem Ausbildungsmarkt könnten so beseitigt werden.
Eine Strukturreform des Übergangsbereichs ist auch eine Chance für kleine und mittlere Unternehmen. Sie könnten wieder verstärkt an der dualen Ausbildung teilnehmen. Mit den überbetrieblichen Berufsbildungsstätten und Berufsschulen steht uns eine ideale Struktur zur Verfügung, an die wir anknüpfen können. Sie müssen zu Kompetenzzentren der beruflichen Bildung ausgebaut und damit zu Orten werden, an denen Jugendliche und Betriebe wieder zusammen finden.
Aber auch die Wirtschaft muss sich fragen lassen, warum ausländische Jugendliche bei gleichem Bildungsabschluss viel seltener als ihre deutschen Altersgenossen einen Ausbildungsplatz erhalten. Vorurteile und Diskriminierung haben in der beruflichen Bildung nichts zu suchen. Wenn Unternehmen nach Herkunft statt nach Qualifikation entscheiden, müssen wir über konkrete Instrumente nachdenken, die die Diskriminierung im Bewerbungsverfahren beenden.