Akademische und berufliche Bildung sind gleichwertig und gleichermaßen entscheidend für die Zukunftschancen junger Menschen und die Fachkräftesituation der Wirtschaft. Wer beide Bildungszweige gegeneinander ausspielt oder das Studium attackiert, handelt fahrlässig. Stattdessen brauchen wir einen Attraktivitätsschub und eine Strukturreform der beruflichen Bildung. Das Gerede vom vermeintlichen „Akademisierungswahn“ verdeckt die größte Herausforderung, vor der die berufliche Bildung in Deutschland heute steht.
Es ist zwar richtig, dass immer mehr junge Menschen ihre Zukunft im Hörsaal und nicht an der Werkbank sehen. Das bedeutet aber keineswegs, dass sich niemand mehr für eine Berufsausbildung interessiert. Allein im vergangenen Ausbildungsjahr sind über eine viertel Million junge Menschen bei ihrer Ausbildungsplatzsuche leer ausgegangen. Statt im Betrieb landeten sie in einer der unzähligen Maßnahmen des Übergangsdschungels.
Genau diese jungen Menschen fehlen den Betrieben heute als Azubis. Die berufliche Bildung hat kein Nachwuchs- sondern ein Förderproblem. Anstatt jedes Jahr über vier Milliarden Euro in ein teures und ineffizientes „Übergangssystem“ zu pumpen, brauchen wir endlich eine echte Ausbildungsgarantie, die auch Jugendlichen mit schlechteren Startchancen den Weg in die Berufsausbildung öffnet. Eine ehrliche Berechnung der potenziellen Anfängerzahlen in der akademischen und beruflichen Bildung darf diese hunderttausenden jungen Menschen nicht einfach ausklammern.