Anlässlich der erneuten Vergabe an den bayerischen Innenminister Herrmann durch die Initiative "Jugendliche ohne Grenzen" erklärt Beate Walter-Rosenheimer, Sprecherin für Jugendpolitik der Grünen Bundestagsfraktion:
Innenminister Herrmann erhält zum vierten Mal den Preis als "Abschiebeminister". Und zwar zu Recht! Mit seiner Flüchtlingspolitik hat er die Nase in diesem traurigen Wettbewerb ganz weit vorn. Seine Politik gegen Asylsuchende ist geprägt von Härte: Abschiebung in Krisengebiete, Verweigerung von Ausbildungsduldung und Festhalten an den viel kritisierten Ankerzentren. Auch Corona-Erkrankungen schrecken ihn nicht, er lässt die Menschen weiterhin so unzumutbar unterbringen. Der Ausbruch der Pandemie und die fehlende Gesundheitsversorgung verschärfen die ohnehin angespannte Lage.
Zur Zeit steht die Abschiebung nach Syrien nicht zur Debatte. Die Gefahr für syrische Rückkehrer*innen, Menschenrechtsverletzungen und Willkür zum Opfer zu fallen, ist aber noch lange nicht gebannt. Auch das Auswärtige Amt bewertet die aktuelle Menschenrechts- und Sicherheitslage dort als bedrohlich. Vor diesem Hintergrund müssen die Innenminister den Abschiebestopp nach Syrien verlängern. Den Vogel hat Innenminister Herrmann allerdings mit der unbarmherzigen und unverantwortlichen Abschiebung einer Frau nach Togo abgeschossen: Trotz Lockdown setzte er alle Hebel in Bewegung, um die Abschiebung durchzuführen. In meinen Augen könnte man seinem erneuten Titel hinzufügen: Mister Gnadenlos.
Ich begrüße deshalb die Kritik am bayerischen Innenminister und unterstütze die Aufrufe und Proteste von "Jugendliche ohne Grenzen": Die Innenministerkonferenz muss ein deutliches Zeichen gegen Abschiebung in Kriegs- und Krisengebiete setzen und der selbsterherrliche Umgang der Innenminister*innen mit dem Asylrecht muss enden.
Lesen Sie hier dazu einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung.
Zum Hintergrund:
Aktuell tagt die Innenministerkonferenz in Erfurt. Auf der Tagesordnung stehen u.a. die Verlängerung des Abschiebestopps nach Syrien, Auswirkungen der Pandemie auf Abschiebungen und Aufnahme aus Griechenland. Die Initiative Jugendliche ohne Grenzen haben gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Thüringen e.V. ein Protest-und Kulturprogramm auf die Beine gestellt, um sich für Bleiberecht und Aufnahmeprogramme und gegen Sammelunterkünfte, Abschiebungen und Rassismus zu engagieren.
Der heute veröffentlichte Bericht des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen hat erstmals mehr als 70 Millionen Menschen auf der Flucht gezählt. Die größte Gruppe der Asylsuchenden sind nach wie vor Syrer. Abschiebungen in das Kriegs-und Kriesengebiet Syrien müssen weiterhin ausgesetzt bleiben.
Anfang März hat Deutschland zugesagt, bis zu 400 Minderjährige und ihre Angehörige von den griechischen Inseln aufzunehmen. Die Ankündigung von Innenminister Seehofer in der letzten Woche, die Aufnahme nun fortzusetzen, ist in Anbetracht der katastrophalen Bedingungen, die auf den griechischen Inseln herrschen, nicht nur reichlich verspätet, sondern auch ein viel zu geringer Beitrag Deutschlands. Über ein Drittel der knapp 41.000 Schutzsuchenden in den griechischen Lagern sind Kinder und Jugendliche. Davor dürfen wir nicht die Augen verschließen.
Um so unverständlicher ist, warum Kommunen und Bundesländer-unterstützt von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis-die seit langem deutlich signalisieren, dass Aufnahmebereitschaft und Kapazitäten vorhanden sind, nicht berücksichtigt werden.
Auch in Bayern verharren schutzsuchende Kinder und Jugendliche auf engstem Raum in Sammelunterkünften, während gleichzeitig Abstands-und Hygieneregeln gelten. Wir fordern den Innenminister auf, gemeinsam mit den Kommunen, Abhilfe zu schaffen und insbesondere geflüchteten Familien geeigneten Wohnraum zur Verfügung zu stellen.