Kinder leben bei uns sehr unterschiedlich. Sie haben alle die gleichen Rechte, kommen aber nicht alle gleichermaßen zu ihrem Recht. Die Zahl der Kinder, die von Armut bedroht sind und deshalb mit schlechten Chancen ins Leben starten müssen, wächst seit Jahren. Mittlerweile ist jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut bedroht.
„Arm in einem reichen Land - Kinderarmut hier bei uns“ - darüber diskutierte auf Einladung des Grünen Kreisverbands Roth die Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer, Bündnis 90/DIE GRÜNEN mit dem Leiter des Rother Jugendamts, Dr. Manfred Korth.
„Kinderarmut ist eine Schande für so ein reiches Land!“ meinte Beate Walter-Rosenheimer. Die Grüne Bundestagsfraktion fordert eine Erhöhung des Kinderzuschlags, um den Mindestbedarf garantiert abzudecken. Ein weiterer Baustein ist die Zusammenführung von Unterhaltsvorschuss und Kinderzuschlag, so dass Alleinerziehende, die besonders von Armut bedroht sind, alle Leistungen aus einer Hand erhalten. Dies wären wichtige Schritte auf dem Weg zu einer Kindergrundsicherung statt Kinderfreibeträgen. Sie soll sicher stellen, dass Familien mit geringem Einkommen nicht weniger unterstützt werden als besser Verdienende, wie es bisher der Fall ist. „Ein Systemwechsel in der Sozialpolitik tut Not, der das Kind in den Mittelpunkt stellt“, resümierte die Politikerin das Konzept ihrer Partei.
Dr. Manfred Korth berichtete aus seiner langjährigen Tätigkeit als Sozialarbeiter und dann Leiter des Rother Jugendamts. Er erläuterte die unterschiedlichen Formen von Hilfestellung, die das Jugendamt leistet. In fast allen Bereichen kommt die Mehrzahl der hilfebedürftigen Kinder aus armen Familien.
Das Hauptproblem, darin waren sich Korth und Walter-Rosenheimer einig, liegt aber darin, dass Familien meist langfristig betroffen sind. Allzu häufig wird Armut von Generation zu Generation vererbt. Kinder in Hartz IV-Familien sehen oft keine andere Zukunftsperspektive als selbst später auch wieder zu „hartzen“.
„Es ist ein Teufelskreis“, beschrieb es Korth. In vielen von Armut betroffenen Familien sind schon die Eltern bildungsfern. Soziale Kontakte sind nicht nur, aber auch aufgrund mangelnder finanzieller Mittel sehr eingeschränkt. Die Unfähigkeit, den Alltag zu organisieren, überträgt sich auf die Kinder. Durch beengte Wohnverhältnisse und schlechte Ernährung fehlen wichtige Voraussetzungen für konzentriertes Lernen und schulischen Erfolg.
Hier muss also angesetzt und Kindern ein Weg aus der Armut gebahnt werden. Unerlässlich ist erstens eine qualitativ hochwertige Betreuung der Kinder, die sehr viel mehr umfasst als „Aufbewahrung“, damit die Eltern arbeiten gehen können. Und zweitens Kitas und Schulen, die jedem einzelnen Kind die Chance geben, seine individuellen Fähigkeiten zu entwickeln und seine Zukunft in die Hand zu nehmen. Dafür muss Bildung umfassend gestaltet und als Gemeinschaftsprojekt von Lehrern, Sozialpädagogen, Handwerkern, Künstlern, „Kümmerern“ und anderen Akteuren getragen werden.
„Dahin zu kommen ist eine gewaltige Aufgabe, für die der Staat richtig viel Geld in die Hand nehmen muss“, konstatierte die Bundestagsabgeordnete. Deshalb soll auch endlich das sogenannte Kooperationsverbot fallen, das es dem Bund verbietet, die Länder im Schulwesen finanziell zu unterstützen.
Fazit der lebhaft Mitdiskutierenden: Kinderarmut ist immer auch eine Armut der ganzen Familie und diese Armut wird vererbt. Deshalb braucht es hier dringend politische Konzepte um gegenzusteuern. Höhere Beiträge zum Lebensunterhalt sind wichtig, aber mindestens ebenso wichtig sind gute Betreuung und Bildung, damit sich für betroffene Kinder Wege aus der Armut eröffnen.