Zur heutigen Abstimmung des Bundestages über die weitere Einschränkung des Familiennachzugs für Flüchtlinge erklärt Beate Walter-Rosenheimer, jugendpolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion und damit zuständig für junge Flüchtlinge, sowie zuständige Grüne Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Ingolstadt:
Union und SPD ziehen beim Grundrecht auf gemeinsames Zusammenleben der Familie faktisch eine Obergrenze von 1000 Personen pro Monat. Das ist völkerrechtswidrig und es ist schäbig gegenüber den Menschen, die zwei Jahre lang dem Versprechen vertraut haben, sie könnten ihre Familien jetzt nachholen.
Der Bundestag hat am Montag eine Expertenanhörung zum Gesetzentwurf der Union durchgeführt. Die Mehrheit der Sachverständigen ist dabei zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen: Die Familieneinheit ist für die Integration unumgänglich.
Das Fazit der Kirchen, des UNHCR sowie namhafter völker- und menschenrechtlicher Experten lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bestehende völkerrechtliche Verpflichtung, den Familiennachzug auch für subsidiär Geschützte zu ermöglichen, lässt sich nicht kontingentieren. Die diesbezüglichen Pläne der Großen Koalition sind daher rechtlich unzulässig.
Auch Vorschläge, den Familiennachzug nur unter bestimmten Voraussetzungen zu gestatten (wie z.B. Wohnraum und Lebensunterhaltssicherung) fielen bei den Sachverständigen durch: Zum einen sind subsidiär Geschützte – so der UNHCR – nach internationalem Recht Flüchtlingen der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt. Diese sind zweitens - aus guten Gründen - beim Familiennachzug von solchen Erfordernissen befreit, weil sie diese aufgrund ihrer Fluchtgeschichte in den allermeisten Fällen kurzfristig nicht erfüllen könnten.
Dabei wäre die Wiederaufnahme des Familiennachzugs aus mehreren Gründen dringend nötig:
Der Schutz der Familie ist ein Grundrecht. Wenn ein Zusammenleben außerhalb Deutschlands nicht möglich ist, dann muss die Zusammenführung der Kernfamilie hier möglich gemacht werden. Der Familiennachzug ist ein rechtliches Gebot, aber auch ein ethisches.
Die Aussetzung des Familiennachzugs bzw. seine Beschränkung auf das Gnadenrecht einer Härtefallprüfung erschwert die Integration immens. Er schafft zwei Klassen von Flüchtlingen – mit und ohne Nachzugsmöglichkeit. Wer will Deutsch lernen und sich um Arbeit bemühen, wenn Ehepartner oder Kinder noch im bürgerkriegsumkämpften Syrien weilen?
Den Familiennachzug über einen Härtefall zu regeln ist rechtlich unsinnig, weil sich damit keine Prioritäten setzen lassen.
Jeder sollte sich fragen #WasWennEsDeinKindWäre