Am 30.11. fand im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe eine Öffentliche Anhörung zum Thema "Die Rolle der Menschenrechte als integraler Bestandteil der Weltordnung im systemischen Wettbewerb" vor allem mit China statt.
Spätestens seit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist klar: Die oftmals ausgegebene Maxime „Wandel durch Handel“ ist zwar vielleicht nicht obsolet geworden, funktioniert aber nicht im Grundsatz, um andere Staaten zu unseren demokratischen Werten und zur Einhaltung der Menschenrechte zu verpflichten. Auch das Beispiel China zeigt, dass sich dort die Situation der Menschenrechte trotz intensiver Handles- und Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland, der EU und den USA nicht verbessert haben, im Gegenteil.
Autokratien spielen derzeit weltweit gesehen eine immer größere Rolle. Aus diesem Grund beschäftigte sich der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe mit dem Thema.
Mit "systemischen Wettbewerb" ist vor allem die Konkurrenz zwischen Demokratie und Autokratie gemeint, wie sie weltweit zu beobachten ist. Die Menschenrechte nehmen in dem Wettbewerb eine zentrale Rolle ein. Denn am Bekenntnis zu und der konsequenten Umsetzung von Menschenrechten zeigt sich, wie ernst es Staaten mit der Freiheit ihrer Bürger*innen meinen.
Im Zentrum der dreistündigen Öffentlichen Anhörung standen Fragen unter anderem zum Umgang von westlichen Staaten mit China und Russland, aber auch mit Indien, sowie zur Stärkung der Menschenrechte in multilateralen Foren wie dem Europarat und dem UN-Menschenrechtsrat. Inputs zu diesen drängenden Fragen lieferten acht Sachverständige, die von den Fraktionen befragt wurden. DIe Grünen Mitglieder des Menschenrechtsausschusses nominierten Frau Prof. Dr. Başak Çalı der Hertie School Berlin.
Professorin Çalı wies darauf hin, dass autokratische Staaten oftmals von eigenen Missständen abzulenken versuchen, indem sie Probleme in anderen Staaten thematisieren. Damit soll ein konsequentes Monitoring behindert werden. Darüber hinaus kam Çalı auf das Problem der Nicht-Umsetzung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu sprechen. Manche Mitgliedsstaaten des Europarats weigern sich schlicht, die Gerichtsurteile anzuerkennen und umzusetzen. Çalı machte darauf aufmerksam, dass dem Europarat nur ungenügende Instrumente zur Verfügung stehen (entweder Nichtstun oder Vertragsverletzungsverfahren), um dieses Problem zu beheben, und plädierte daher für ein abgestuftes, sensibles Sanktionsregime.
Ansonsten wurde vor allem Russlands und Chinas Einfluss auf die Menschenrechtspolitik in den UN-Gremien debattiert. Russland und China versuchen schon seit Jahren, das UN-Menschenrechtssystem von innen auszuhöhlen. Und sie setzen dazu auf allen Ebenen an: bei der personellen Besetzung von UN-Posten, bei der Finanzierung von UN-Institutionen, bei der Beeinflussung bis hin zur Einschüchterung von Drittstaaten, sowie bei der autoritären „Neuinterpretation“ von Menschenrechten.
Diesen Einfluss, den China noch geschickter als Russland übt, müssen wir uns unbedingt bewusst machen und eindämmen, wo immer es möglich ist. Denn die Hoffnung darauf, dass autokratische Regime nur „noch nicht“ bereit seien, die Menschenrechte zu respektieren, verkommt zu einer falschen Hoffnung und zur politischen Fahrlässigkeit, wenn sie sich selbstbewusst gegen die Menschenrechte stellen und ihre menschenrechtswidrigen „Alternativkonzeptionen“ global durchzusetzen versuchen.
Allerdings warnte sie davor, die Menschenrechte zu (be) nutzen, um die Welt in „gute und schlechte Staaten“ einzuteilen.
(Team //jf, ms)